Chris Kraus hat sich bisher vor allem als Filmregisseur einen Namen gemacht (Vier Minuten, Scherbentanz, Die Blumen von gestern), und wie ein Film läuft die Geschichte der beiden deutsch-baltischen Brüder Koja und Hub vor unseren Augen ab.

Beide machen im Dritten Reich Karriere bei der SS, beide können mehr oder weniger nahtlos ihren Weg in der jungen BRD als Mitarbeiter des BND fortsetzen, beide lieben dieselbe Frau. ihre Halbschwester Eva.

Aber während Hub sich von Anfang an für die Ideale der Nazis begeisterte und seine Karriere vorantrieb, wurde sein jüngerer Bruder, der sensible Künstler Koja, mehr oder weniger von ihm mitgerissen, versuchte, sich vor den schmutzigen Aufgaben zu drücken und seinen moralischen Wertvorstellungen treu zu bleiben –  natürlich ein unmögliches Unterfangen.

Dieser jüngere Bruder ist der Erzähler der Geschichte, und indem er ganz aus seiner Sicht die Ereignisse schildert, zwingt er uns zum einen, die Position des Täters einzunehmen, zugleich kommt man aber  nicht umhin, großes Verständnis für seine inneren Nöte und Konflikte zu empfinden. Hierin leigt der Reiz und auch der Grusel dieser Perspektive.

Das wirklich Besondere und Unerhörte an diesem 1200-seitigen Epos ist aber die Sprache, die Ransanz, mit der die schockierendsten, berührendsten und zum Teil einfach aberwitzigen Situationen und Bilder an uns vorbei und über uns hinwegrollen.

So etwas Sprachgewaltiges gab es lange nicht zu lesen im deutschsprachigen Raum..

Diogenes Verlag, 32,00 EUR

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